Es war ein
Adrenalin-Sieg, nach den 90 Minuten Powerfussball gegen Pilsen am Mittwoch
war es für einige Akteure nicht einfach, die Hertha ähnlich unter Druck zu
setzen. "Wir hatten Müdigkeit im Kopf", so Philipp Lahm nach dem
3:2-Arbeitssieg. Auffällig die bisher schlechteste Passquote von 81,5% in
dieser Saison. Fraglich ist allerdings auch, ob es notwendig war, gegen
Pilsen 90 Minuten Powerfussball zeigen zu müssen (selbst wenn es optisch
eine Augenweide war) und nicht nach 70 Minuten nach und nach den Fuss vom
Gas zu nehmen.
Hertha sofort am Pressen und auf der Suche nach der "Lücke" für den
Steilpass beim Konterspiel. Dann geht ganz schnell...die 2.Ecke für Hertha,
die van Buyten durch einen technischen Annahmefehler zu verantworten hat,
kommt direkt auf Ramos, der nicht von Boateng (nur 54% gew ZWK) gesehen,
gedeckt und gestört wird, es steht 0:1. Ein Mainz-Deja-vu ?
Boateng ein paar Minuten wieder mit Stellungsfehler nach Ballverlust von
Ribery und einem darauf folgenden Steilpass, deren Konter eine Lupferchance
ergibt, der Ball auf der Latte landet und das 0:2 beinahe gewesen wäre.
Hertha nach 10 Minuten bereits mit 3 ankommenden Steilpässen. Boateng,
derzeit ein Buch mit sieben Siegel.
Hertha-Taktik: Press & Go
Herthas Kontertaktik, sofort nach Ballgewinn mit max. 3 Pässen binnen
weniger als 5-6 Sekunden das Spielfeld überbrücken, das die wohl klare
Anweisung von Trainer Luhukay. Basis dieser Kontertaktik war das sehr frühe
Pressing der Herthaner auf den ballführenden Spieler, welches sie
tatsächlich 90 Minuten (Laufdistanz 121,4 km) durchführten. Für den FCB war
es somit gar nicht möglich, einen Ballbesitz von länger als 2 Minuten zu
erreichen und die Herthaner müde werden zu lassen, die anscheinend gegenüber
anderen Teams eine unglaublich hohe Ausdauer in Kraft und Sprint hatten. Die
logische Taktik der Münchener in Halbzeit 1: Lange Bälle (15), meist aber
eher ungenau, wie auch das gesamte Passspiel. (Passquote 81,5%).
Ab der 20.Minute nach und nach dann mehr hohes und früheres Pressing der
Bayern 10-15 Meter innerhalb der Hertha-Hälfte, somit auch das 4fache an
Rückpässen der Herthaner als in der ersten Viertelstunde.
Wechseln auf der "6"
Wenn Lahm nach vornzieht, ist entweder Kroos oder Schweinsteiger "Zeit-6er"
als Absicherung auf dem Posten, Schweinsteiger nach der Kroos-Auswechselung
fast als Standard-6er, verschiebt gut zwischen offensiv und defensiv im
Duett mit Lahm.
Ferner war es so, das Kroos und Schweinsteiger phasenweise absichernd auf
der LV-Position, wenn Alaba offensiver sein Spiel gestalten will.
Schweinsteiger später während der Partie offensiv öfters auch auf die beiden
Aussen rochierend. (siehe Grafik 2)
Götze übernimmt nach Robbens Verletzung die rechte offensive Zone,
Schweinsteiger orientiert sich nun mehr auf der "6", während Lahm sich etwas
mehr als 8er abgibt. Müller rückt mehr und mehr ins Zentrum, Mandzukic
gerade in den letzten 25 Minuten sehr stark auf Linkaussen aktiv und durch
viele lange diagonale Bälle anvisiert. Mandzukic insgesamt sehr variabel,
verschiedene Position, nicht nur als treffsichere "klassiche 9", sondern
auch als Flanken,-und Steilpassgeber.
Javi Martinez, in der 64.Minute kehrt er nach langer Verletzung zurück aufs
Spielfeld, orientiert sich auf die 6er-Position, während nun Schweinsteiger
und Lahm als "Doppel-8" fungieren.
Defensiv anfällig
Im Grunde ist die Formel recht einfach: Pressing, Umschalten, Kontern.
Schafft es der Gegner, die Übersicht zu behalten und klug zu spielen, dann
passiert es ähnlich wie beim 2:3, das gar nicht so fallen darf. Rafinhas
Bewegung ein sekundenstel in die falsche Richtung, daher verliert er einen
halben Meter im Sprintduell mit Schulz, parallel dazu Lahm im "TRab" die
Szene verfolgend, wird daher von Ramos ruckzuck über/hinterlaufen, der den
Querpass von Schulz kurz weiter zum Torschützen Ben-Hatira weiterleitet. Zu
einfach und zu schlecht verteidigt. (folgende Grafiken)
(zum
Vergrößern anklicken)
Bereits in den letzten Matchanalysen fiel auf, das der Gegner, wenn er sein
Selbstvertrauen nutzt, zu offensiven Aktionen und auch Abschlüssen kommen
kann. Anfällige Muster sind das hohe Stellungsspiel der Innenverteidiger und
dem offensiven Verhalten sämtlicher 8 Mitspieler, wobei das defensive
Umschaltspiel, was zu entsprechenden Konterräumen führt, mit dazu beiträgt,
das eine regelmäßige Gefahr des Gegners trotz eines Ballbesitzes von nur
20-25% ausgeht.
Hertha bewegte sich mit 2 4er-Ketten nach rechts, links, zog oft bei den
Versuch der Bayern, durch Passstafetten das Mittelfeld zu überbücken, raus,
um eben dann schnell zu pressen, da in diesem Moment die Innenverteidigung
nur mit einem 6er als letzte "Kette" da stand und durch oben erwähntes
Sekunden-Umschaltspiel extrem anfällig war. Insgesamt 17 Konterchancen gab
es für Hertha BSC, wobei zwar nur 3 zum Torschussabschluss kamen, aber davon
1 Gegentor enthielt.
(zum
Vergrößern anklicken)
Zwei Beispiele - Anfälligkeit durch schnelles kluges Umschalten durch 2-3
Pässe gegenüber meist nur 2 letzte Feldspieler, wobei eine ausgeglichene 2:2
bzw. 3:3 Situation bereits besteht.
Fazit:
Wie zuvor die letzten Spiele entstand das Gegentorrisiko aufgrund des hohen
Stellungsspiel der beiden Innenverteidiger und dem offensiven Spiel der
Aussenverteidigers, wobei ab und an nicht die Abstimmungen passen zwischen
Absicherung eines Mittelfeldspielers und einer offensiven Aktion eines
Verteidigers.
Insgesamt wurde das Spiel wenig und auch zu langsam in die Breite mit
1-2 Pässen gezogen, fast kaum schnelle Seitenwechsel, überlappend das Spiel
überwiegend eben mit langen Bällen.
P.S.
Interessant eine Szene: In der 40. wird Schweinsteiger auf der Höhe 3 Meter
vor Hertha-Box gefoult. Weiner gibt Freistoss, verlegt diesen aber ca. 8
Meter weiter zurück. Bald ist ja Weihnachten, eine Brille als Geschenk
könnte helfen für künftige Spiele.
NEU: Script Table Tactic Board STTB)
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